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Freitag, den 14. Oktober 2016 um 05:40 Uhr

Ein Protein macht den Unterschied

Bisher bekannt: Blutgefäße fördern das Wachstum von Tumoren. Zu verhindern, dass sie sich bilden, ist daher eine gängige Therapie bei Krebs. Eine Studie von Wissenschaftlern an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) zeigt nun eine neue, überraschende Rolle von Blutgefäßen: Unter bestimmten Bedingungen können sie das Wachstum von Tumoren hemmen.

Wenn Tumore entstehen, nehmen sie zunächst Sauerstoff und Nährstoffe aus dem umliegenden Gewebe auf. Ab einer gewissen Größe reicht das für den Tumor nicht mehr aus, um weiter wachsen zu können. Er benötigt neue Blutgefäße für die Zuführung von Sauerstoff und Nährstoffen. Eine häufige Krebstherapie zielt daher darauf ab, die sogenannte Angiogenese, also die Bildung neuer Blutgefäße, zu verhindern. Diese Behandlung schlägt jedoch nicht bei allen Patienten an – warum war bisher unbekannt.

Um dem Rätsel auf die Spur zu kommen, untersuchte das Team um PD Dr. Elisabeth Naschberger und Doktorandin Andrea Liebl von der Professur für Molekulare und Experimentelle Chirurgie an der Chirurgischen Klinik des Uni-Klinikums der FAU Endothelzellen, also die Zellen, die Blutgefäße bilden. Sie vermuteten, dass die Endothelzellen in verschiedenen Tumoren unterschiedlich ausgeprägt sind und daher die Therapie unterschiedlich anschlägt.

Protein hemmt Blutgefäßwachstum
Zunächst isolierten die Wissenschaftler Endothelzellen aus Darmtumoren von Patienten mit guter und schlechter Prognose und verglichen diese in Zellkulturen. Dabei stellten sie fest, dass Endothelzellen aus Tumoren von Patienten mit guter Prognose das Protein SPARCL1 herstellten – und dass SPARCL1 sowohl das Wachstum von Endothelzellen als auch von Tumorzellen hemmt.

In weiterführenden Analysen an Gewebeproben konnten die Forscher zeigen, dass SPARCL1 in gesundem Darmgewebe reife Blutgefäße stabilisiert und so die Bildung von weiteren Blutgefäßen hemmt. In Tumoren mit guter Prognose war SPARCL1 noch vorhanden. Bei Tumoren mit schlechter Prognose hingegen wurde das Protein deaktiviert, es wurden neue Blutgefäße gebildet und der Tumor wuchs weiter. Mit ihren Ergebnissen widerlegen die Wissenschaftler eine vorherrschende Meinung: „Bisher war man davon ausgegangen, dass Blutgefäße das Tumorwachstum stets begünstigen. Wir haben jedoch gezeigt, dass wenn sie das Protein SPARCL1 enthalten, Blutgefäße das Tumorwachstum auch eindämmen können“, erklärt Prof. Dr. Dr. Michael Stürzl, Inhaber der Professur für Molekulare und Experimentelle Chirurgie.

„Die Studie zeigt zudem, warum Tumoren in manchen Fällen trotz einer Behandlung weiterwachsen, die auf die Hemmung der Blutgefäße abzielt“, sagt Stürzl weiter. „In Tumoren, deren Blutgefäße SPARCL1 produzieren und in denen bereits eine ausreichende Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen besteht, könnte eine Unterdrückung der Blutgefäße das Tumorwachstum begünstigen. Dabei ist wichtig zu beachten, dass die Studie nicht generell gegen den Einsatz antiangiogener Therapie spricht. Sie kann jedoch erklären, warum diese eben nicht bei allen Patienten anspricht.“ In einem nächsten Schritt arbeiten die Forscher nun daran, die Ergebnisse für die Anwendung zur Behandlung von Krebserkrankungen weiterzuentwickeln.

Das Projekt wurde vom Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung des Universitätsklinikums Erlangen, der Deutschen Krebshilfe, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Emerging Fields Initiative der FAU gefördert.


Den Artikel finden Sie unter:

https://www.fau.de/2016/10/news/wissenschaft/ein-protein-macht-den-unterschied/

Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (10/2016)


Publikation:
http://www.jci.org/articles/view/78260

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