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Montag, den 19. September 2016 um 06:37 Uhr

Neue Methoden für die Proteinforschung

Zelluläre Prozesse werden durch Phosphorylierungen an Proteinen beeinflusst - Fehler hierbei können zu verschiedenen Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer führen. Um diese grundlegenden Mechanismen studieren zu können, helfen jetzt neue Methoden, entwickelt in den Teams um Christian Hackenberger und Eberhard Krause.

Phosphatgruppen können an unterschiedliche Aminosäuren, am häufigsten Serin, Threonin und Tyrosin, binden und dabei durch ihre negative Ladung die Struktur und Funktion von Proteinen beeinflussen. Phosphorylierungen oder Dephosphorylierungen können zum Beispiel die Aktivität regulierenden Enzyme an- oder abschalten. Damit übernimmt die Phosphorylierung, d.h. die Verknüpfung der Phosphatgruppe mit dem Protein, eine zentrale Steuerfunktion im Organismus.

Die Teams um Christian Hackenberger und Eberhard Krause haben nun eine spezielle, bisher kaum untersuchte Variante, die Cystein-Phosphorylierung, mit Hilfe neuer Methoden unter die Lupe genommen: Um deren biologische Funktion verstehen zu können, stellen die Forscher Peptide, d.h. sehr kurze Proteinstrukturen, mit Cystein-Phosporylierung auf synthetischen Wege her. „Das ist gar nicht so einfach,“ erklärt Jordi Bertran Vicente, Erstautor der in Nature Communications publizierten Studie, „die synthetische Cystein-Phosphorylierung ist sehr kniffelig in Bezug auf die inhärente Säurelabilität der Modifikation, sowie deren korrekte räumliche Ausrichtung (Stereochemie),“ erklärt der Chemiker aus dem Team um Christian Hackenberger. Mit einer neu entwickelten Synthesemethode, die mit Hilfe besonderer chemischer Tricks arbeitet, gehören die bislang ungelösten Probleme der Vergangenheit an. Erstmals ist es gelungen, Peptide zu synthetisieren, bei denen selektiv jeweils nur ein Cystein an einer bestimmten Position phosphoryliert ist.

Auf Basis der hergestellten Phosphopeptide wurde in der Gruppe um Eberhard Krause ein massenspekrometrisches Analysenverfahren entwickelt, welches den zweifelsfreien Nachweis dieser Proteinmodifikationen während des natürlich ablaufenden Zucker-Stoffwechsels ermöglicht hat und folglich auch den Weg zur Entdeckung weiterer Cystein-Phosphorylierungen in zellulären Proteinen ebnet. Auch hier war die Schwierigkeit die besondere Labilität der Modifikation. Vor diesem Hintergrund hat Martin Penkert  eine sehr spezielle massenspektrometrische Methode, die sogenannten elektronen-transfer-higher/energy dissociation (EThcD) angewendet. „Hierfür legen wir das Peptid in ein Bad aus Elektronen um es anschließend mit hoher Energie auf Gasteilchen prallen zu lassen“, sagt er. Die dabei entstehenden Bruchstücke (Fragmentionen) werden detektiert und deren Masse mit hoher Genauigkeit gemessen. Bemerkenswerterweise ermöglicht das ausgeklügelte Fragmentierungsexperiment die Spaltung des Peptides ohne dabei die labile Modifikation zu verlieren. Somit lässt sich die Position, an der sich die Phosphorylierung befindet, eindeutig bestimmen.

„Mit dieser Studie haben wir eine Methode entwickelt, um bisher wenig erforschte enzymatische Prozesse in Zellen untersuchen zu können“, sagt Gruppenleiter Christian Hackenberger, „entscheidend für den Erfolg war das Zusammenspiel von chemischer Synthese und modernen MS-Methoden, mit der wir in Zukunft hoffentlich noch viele weitere bisher unentdeckte Abläufe in der Zelle besser erklären können.“


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.leibniz-fmp.de/de/press-media/press-releases/press-releases-single-view1/article/neue-methoden-fuer-die-proteinforschung.html

Quelle: Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) (09/2016)


Publikation:
Jordi Bertran-Vicente, Martin Penkert, Olaia Nieto-Garcia, Jean-Marc Jeckelmann, Peter Schmieder, Eberhard Krause, and Christian P. R. Hackenberger: Chemoselective synthesis and analysis of naturally occurring phosphorylated cysteine peptides, Nat Commun. 2016 Sep 2;7:12703. doi: 10.1038/ncomms12703

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