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Freitag, den 19. August 2016 um 05:28 Uhr

Wie kam das Phosphat in die RNA?

Das Phosphat-Ion ist in den auf der Erde gängigen Phosphatmineralien nahezu unlöslich und inaktiv. Wie also ist es in die vermutlich ersten Bausteine des Lebens gelangt, die Ribonucleotide, aus denen die RNA aufgebaut ist? Amerikanische und spanische Forscher haben nun realistische Bedingungen identifiziert, unter denen auf der präbiotischen Erde mineralisch gebundenes Phosphat für die ersten organischen Phosphate mobilisiert worden sein könnte. Welche zentrale Rolle Harnstoff dabei spielt, erörtern die Wissenschaftler ebenfalls in ihrem Artikel in der Zeitschrift Angewandte Chemie.

Die energiereiche Bindung zwischen biologischen Molekülen und Phosphat ist eine der Grundlagen für modernes Leben. Diese Phosphatesterbindung wird durch Sonnenenergie während der Photosynthese gebildet und dann während des Stoffwechels von allen lebenden Organismen kontinuierlich ab- oder wieder aufgebaut. Zudem sichern die Phosphatgruppen die Löslichkeit von RNA- und DNA-Molekülen. Wie aber sind die ersten organischen Phosphatesterbindungen auf der präbiotischen Erde entstanden? Wegen der festen Bindung von Phosphat in den Mineralien hätte es den ersten Nucleobasen, Zuckern und Aminosäuremolekülen in der "Ursuppe" oder, wie Darwin es formulierte, im "kleinen warmen Teich", gar nicht ausreichend zur Verfügung stehen können. César Menor-Salván und Nicholas V. Hud am Georgia Institute of Technology, Atlanta, USA, und Kollegen haben jetzt sorgfältig realistische geochemische Bedingungen identifiziert, unter denen die ersten relevanten Organophosphate entstanden sein könnten.

Dabei interessierten sich die Forscher besonders für die Rolle von Harnstoff. Diese anorganisch-organische Substanz entsteht durch Hydrolyse von Cyanamid und kann auch bei Miller-Urey-Reaktionen, also bei Reaktionen in der Ursuppe, gebildet werden. Experimenten zufolge katalysiert Harnstoff auch die Synthese von Phosphatestern. Menor-Salván und Hud stellten nun eine eutektische Mischung aus Harnstoff, Ameisensäure, Ammoniak und Wasser her, die sowohl das Milieu für eine direkte Phosphorylierung mit verfügbarem Phosphat bilden als auch dabei helfen könnte, unlösliche Phosphatmineralien in löslichere Sekundärmineralien umzuwandeln. Ein weiterer Vorteil, so die Forscher, sei die selbstständige Bildung von Formamid, wenn die Mischung länger moderat erhitzt wird. Formamid halten Experten ebenfalls für einen weiteren Hilfsstoff bei der Entmineralisierung von Phosphatgestein. Ihre eutektische Mischung stelle "eine konsistente Anfangskonzentration von Verbindungen sicher, unabhängig von der ursprünglichen Zusammensetzung", schreiben die Wissenschaftler.

Sie beobachteten eine effiziente Phosphorylierung von ursprünglichen organischen Molekülen, solange lösliches Phosphat zugegen war. Unlösliches Phosphatmineral konnte dagegen durch Zusatz von verschiedenen Ionen und Salzen löslich gemacht werden, und diese Salze wandelten auch unlösliche Mineralien in besser lösliche Sekundärmineralien um. "Den Experimenten zufolge sollte eine Umgebung mit viel Ammoniak, kleinen organischen Bestandteilen wie Harnstoff und Ameisensäure, dazu Magnesiumsulfat und Phosphat ideal dafür geeignet sein, um auf der präbiotischen Erde Organophosphate herzustellen", schreiben die Wissenschaftler und argumentieren weiter, dass sämtliche zugefügten Salze und Ionen auf der präbiotischen Erde reichlich verfügbar gewesen sein müssten. Demnach haben die Wissenschaftler realistische Bedingungen für die Bildung von frühen Organophosphaten identifiziert. Oder frei nach Darwin: Dank Harnstoff konnten sich im "kleinen warmen Teich" die ersten für das Leben relevanten phosphorylierten Moleküle bilden.


Den Artikel finden Sie unter:

http://onlinelibrary.wiley.com/journal/10.1002/(ISSN)1521-3757/homepage/press/201628press.html

Quelle: Angewandte Chemie (08/2016)


Publikation:
Autor: Nicholas V. Hud, Georgia Institute of Technology, Atlanta (USA), http://www.chemistry.gatech.edu/faculty/hud/
Permalink to the original article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201606239

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