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Montag, den 17. November 2014 um 07:55 Uhr

Protonengradient treibt Salmonelleninfektion voran

Salmonellen gehören zu den häufigsten Erregern von bakteriellen Magen-Darm-Entzündungen. Um den Menschen zu infizieren, setzen die Bakterien auf eine ausgeklügelte Strategie: Sie nähern sich der Wirtszelle, docken an und injizieren dann Signalstoffe, die es ihnen ermöglichen, in die Zelle einzudringen. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig konnten nun zeigen, wodurch die Freisetzung dieser Signalstoffe und damit bei der Infektion ermöglicht wird. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in der Fachzeitschrift „PLOS Genetics“.

Verunreinigte Eier, Süßspeisen und rohe Geflügelprodukte zählen zu den häufigsten Auslösern von Salmonelleninfektionen. Sie verursachen schwere Darmentzündungen, die vor allem bei Kleinkindern und älteren Menschen sogar tödliche Folgen haben können. Die Bakterien gelangen mit der Nahrung in den Körper und bewegen sich dort aktiv mit einer rotierenden Geißel – auch Flagellum genannt – zu den Darmzellen hin. Dort angekommen, nutzen die Salmonellen den sogenannte Nadelkomplex, um den Wirt zu infizieren: Sie docken an die Zelle an und spritzen mit einer molekularen Nadel Giftstoffe hinein. Diese ermöglichen es den Bakterien, die Wirtszelle zu infizieren in ihrem Inneren zu überleben und sich zu vermehren.

Für die Injektion der Giftstoffe durch den Nadelkomplexes, als auch für den Aufbau des Flagellums (oder der Geißel) ist ein sogenanntes Typ-III-Sekretionssystem von entscheidender Bedeutung. Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass für die Funktion des Typ-III-Sekretionssystems die an der Basis des Nadelkomplexes und Flagellums gebundene ATPase essentiell sei. ATPasen sind Enzyme, die eine chemische Reaktion begünstigen, bei der Energie freigesetzt wird. Diese kann dann genutzt werden, um andere Reaktionen - wie hier die Freisetzung der Giftstoffe – anzutreiben. „Wir konnten jetzt erstmals zeigen, dass das System auch funktioniert, wenn die ATPase nicht vorhanden ist“, sagt Dr. Marc Erhardt, Leiter der Nachwuchsgruppe „Infektionsbiologie von Salmonellen“ am HZI. „Wirklich notwendig scheint nur der Protonengradient zu sein, der ATPase kommt lediglich eine unterstützende Rolle zu“. Das Enzym steigert also die Effizienz des Systems, ist aber nicht unabdingbar für dessen Funktion.

Diese Erkenntnis hilft den Forschern zunächst einmal dabei, die molekularen Mechanismen des Sekretionssystem besser zu verstehen. Das ist vor allem wichtig, da neben Salmonellen auch noch eine Vielzahl anderer gram-negativer Bakterien das Typ-III-Sekretionssystems nutzt um Wirtszellen zu infizieren. Ein molekulares Verständnis des Infektionsprozesses ermöglicht es den Wissenschaftlern, diesen zukünftig gezielt zu manipulieren. „Damit stellt er ein guter Ansatzpunkt für neuartige Therapien gegenüber gram-negativen Bakterien dar“, sagt Erhardt.

Doch nicht nur aus medizinischer, auch aus evolutionärer Sicht ist die Entdeckung interessant. Schließlich dient das bakterielle Flagellum der “Intelligent Design”-Bewegung oft als Beispiel dafür, dass sich etwas so komplexes nicht durch Evolution entwickelt haben kann. Die nun gewonnenen Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass sich die ATPase zu einem urtümlichen, Protonen-getriebenen Typ-III-Sekretionssystem hinzugefügt hat, um den Sekretionsprozess effizienter zu gestalten. Dies verschaffte den Bakterien einen Selektionsvorteil. „Das beweist, dass auch eine so komplexe Nanomaschine wie das Flagellums sich in weniger komplexe, aber dennoch funktionelle Untereinheiten aufbrechen lässt und widerspricht demnach den Ansichten der “Intelligent Design”-Bewegung“, sagt Erhardt.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.helmholtz-hzi.de/de/aktuelles/news/ansicht/article/complete/protonengradient_treibt_salmonelleninfektion_voran/

Quelle: Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (11/2014)


Publikation:
ATPase-independent type-III protein secretion in Salmonella enteric, Marc Erhardt, Max E. Mertens, Florian D. Fabiani, and Kelly T. Hughes, Plos Genetics, 2014. DOI: pgen.1004800

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