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Dienstag, den 11. September 2012 um 11:11 Uhr

Wie Pestizide unseren Denkmälern schaden können

Schiffslose Wikinger, Thronlose Könige, Musiker ohne Instrumente. So oder ähnlich wäre es gewesen, wenn die Natur einen entscheidenden Schritt ausgelassen hätte: die Erzeugung des sekundären Xylems durch Teilung von Kambium-Zellen. Hinter diesen diffusen Worten verbirgt sich ein simpler biologischer Prozess, der Holz erzeugt. Oder »Holta«, wie es die Germanen nennen würden.

Holz ist einer der ältesten und zentralsten Rohstoffe der Erde, der nachwächst und im Bauwesen eine wichtige Rolle einnimmt. Denn wenige Materialien sind gleichzeitig fest und lassen sich trotzdem einfach verarbeiten. Entstanden sind daraus nicht nur Gebrauchsgegenstände, sondern kunstvolle Skulpturen, Hausbalken oder prächtige Schiffe – meist in mühevoller Handarbeit. Heute werden solche Unikate als Denkmäler gehandelt, mit kulturellem und historischem Wert. Deshalb steht der Tag des offenen Denkmals (09. September) dieses Jahr unter dem Motto Holz.

Kontaminierung von Holz

Doch nicht selten sind solche Holzdenkmäler kontaminiert, ihre Oberflächen mit organischen Substanzen vergiftet. Viele der heute kontaminierten Denkmäler finden ihre Ursache in den 1960er Jahren: In der ehemaligen DDR gab es ein Holzschutzmittel, das mit dem günstigen Insektizid Dichlordiphenyltrichlorethan (DDT) versetzt wurde. Dieses unter dem Namen Hylotox 59 bekannte Mittel schützt nicht nur das Holz, sondern kann es auch zerstören - und damit viele der heute zum kulturellen Erbe gehörenden holzbasierten Museumsgegenstände oder Denkmäler. Darüber hinaus stellt das Pestizid DDT auch gesundheitliche Risiken dar. Daher wurde Hylotox in den meisten europäischen Ländern vor etwa 20 Jahren verboten.

Ingenieur mit Liebe zu Denkmälern

Erich Jelen studierte Chemie und Umwelttechnik und ergänzte eine Ausbildung zum Möbeltischler und Baubiologen. Heute arbeitet der Diplom Ingenieur beim Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT und beschäftigt sich dort mit der Entgiftung von Denkmälern: »Die Kontamination mit DDT ist für das bloße Auge mehr als offensichtlich. Auf dem mit DDT behandelten Holz bildet sich eine Schicht aus weißen Kristallen«. Skulpturen, Dachbalken, aber auch Instrumente wurden teils mehrfach mit dem eigentlich zum Schutz gedachten Hylotox behandelt. Dadurch sind sie teils so hoch belastet, dass in ihrem Umfeld Schutzkleidung sowie Atemmaske Pflicht sind. »Leider landen so viele Objekte in den hintersten Ecken irgendwelcher Lager. Oder Kirchen werden im schlimmsten Fall bis zur Sanierung geschlossen «, erzählt Jelen.

Sanierung durch überkritisches Kohlendioxid

Zusammen mit einem interdisziplinären Team aus Chemikern, Restauratoren und Denkmalpflegern hat Jelen ein Verfahren weiterentwickelt, mit dem sich alte Holzskulpturen zerstörungsfrei entgiften lassen: die Dekontaminierung mit überkritischem Kohlendioxid (scCO2). Das CO2 liegt hier in einem Zustand vor, der quasi zwei Aggregatzustände gleichzeitig umfasst - genauso dicht wie eine Flüssigkeit, aber dieselbe Viskosität wie ein Gas besitzt. Dadurch kann überkritisches Kohlendioxid besonders gut in poröse Stoffe eindringen und dort die Schadstoffe herauslösen. Auf diese Weise gelang es Jelen und seinen Kollegen, fünf Figuren aus dem 16. Jahrhundert komplett zu entgiften. »Das besondere dabei war, dass tatsächlich alle Farben der Figuren erhalten geblieben sind«. Bis zu 97 Prozent der chlororganischen Pestizide konnten durch die Dekontaminierung mit überkritischen CO2 von den Figuren entfernt werden.  

Komplettpaket Denkmalpflege

Neben diesem Verfahren arbeitet Erich Jelen momentan in Kooperation mit Museen und weiteren Fraunhofer-Instituten an zusätzlichen Dekontaminationsverfahren wie dem Vakuumwachverfahren, dem CO2-Schneestrahlverfahren oder der Oberflächenreinigung mit dem Laser. Außerdem bietet er analytische Beratungen zum Thema Denkmal-Sanierung an. Denn Erich Jelen hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kunst- und Kulturgut zu bewahren und dieses für künftige Generationen zu erhalten.  



Den Artikel finden Sie unter:

http://www.umsicht.fraunhofer.de/de/presse-medien/pressemitteilungen/2012/denkmal-holz.html

Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft (09/2012)

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