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Mittwoch, den 26. Oktober 2011 um 05:10 Uhr

Mit Nano-Cellulose zu neuartigen Verbundwerkstoffen

Seit längerem steht Nano-Cellulose als neuartiges Biomaterial im Fokus von Wissenschaft und Industrie. Die Einsatzmöglichkeiten reichen von der Werkstoff- und Medizinaltechnik bis hin zur Lebensmittel- und Pharmaindustrie. Empa-Forschende entwickelten nun ein Herstellungsverfahren für Nano-Cellulosepulver, aus dem sich Polymerverbundwerkstoffe herstellen lassen, die beispielsweise als Leichtbauwerkstoff im Automobilbau oder als Membran- oder Filtermaterial in der Biomedizin Verwendung finden könnten.
Cellulose ist ein nahezu unerschöpfliches Biopolymer aus langen Glukoseketten mit einzigartigen Struktureigenschaften. Sie dient Pflanzen in deren Zellwänden als Gerüst, als eine Art Skelett. Cellulose ist extrem zugfest, lässt sich vielseitig chemisch modifizieren – und dadurch in ihren Eigenschaften verändern – und ist biologisch abbaubar. Auf der Suche nach neuartigen Polymerwerkstoffen mit bestimmten erwünschten Eigenschaften entwickeln die Materialwissenschaftler etwa Hochleistungsverbundwerkstoffe (Komposite), in denen Nanofasern aus Cellulose in Polymere eingebettet sind: als Leichtbauverbundstoffe mit ähnlichen mechanischen Eigenschaften wie Stahl sowie als nanoporöse “Bio“-Schaumstoffe, um herkömmliche Isolationsschäume zu ersetzen.

Der ideale Leichtbauwerkstoff

Klassische Cellulosechemie im Industriemassstab wird vor allem für die Zellstoff-, Papier- und Faserherstellung eingesetzt. Die Forschung konzentriert sich derzeit darauf, Cellulose in Form von Nanofasern zu isolieren und zu charakterisieren. So genannte Nano-Cellulose besteht aus Fasern oder Kristallen mit einem Durchmesser von weniger als 100 Nanometern. Daraus, so die Materialwissenschaftler, lassen sich neue Materialien gestalten, die bei geringem Gewicht eine hohe mechanische Stabilität aufweisen. Kurz: der ideale Leichtbauwerkstoff.

Die Cellulose-Experten der Empa-Abteilung «Holz» isolieren Cellulose-Nanofasern aus Zellstoff; diese sind mehrere Mikrometer lang, aber nur wenige Nanometer dünn. Die Nanofasern sind untereinander stark vernetzt und haben eine extrem grosse Oberfläche, über die sie mit Substanzen wie Wasser, aber auch anorganischen, organischen und polymeren Verbindungen chemisch-physikalisch interagieren kann. Cellulose-Nanofasern lassen sich daher als stabile und äusserst reaktive, zudem biologisch erzeugte und abbaubare Ausgangsstoffe für einen technischen Einsatz nutzen, etwa zum Verstärken von (Bio)-Polymeren als viel versprechender umweltverträglicher Leichtbauwerkstoff im Automobilbau, aber auch als Membran- oder Filtermaterial in Verpackungs- oder biomedizinischen Anwendungen.

Chemische Modifizierung ist die Lösung

Die aus Zellstoff isolierte Nano-Cellulose liegt zunächst als wässrige Suspension vor. Trocknet sie, verhornt das Material, indem die Cellulosefasern miteinander «verkleben» – und verliert seine herausragenden mechanischen Eigenschaften. Daher wollten die Empa-Forschenden ein Verfahren entwickeln, mit dem sich Nano-Cellulose trocknen lässt, ohne dass sie verklumpt und verhornt. Die Cellulose wurde dafür mit einer industriell leicht umsetzbaren und selbst für Lebensmittelanwendungen unbedenklichen Methode chemisch modifiziert; dies verhindert, dass sich die Cellulosefibrillen aneinander lagern und miteinander verkleben.

Das Resultat kann sich sehen lassen: Das getrocknete Nano-Cellulosepulver glänzte nach der Redispergierung in Wasser mit den gleichen Eigenschaften wie nicht modifizierte Cellulose, die vorher nicht getrocknet wurde. Damit ist das Nano-Cellulosepulver für die Synthese von Bio-Nanokompositmaterialien eine attraktive Alternative zu konventionellen Cellulose-Suspensionen. Diese bestehen zu über 90 Prozent aus Wasser – was die Transportkosten explodieren lässt und die Gefahr eines Abbaus durch Bakterien oder Pilze erhöht. Zudem sind wässrige Cellulose-Suspensionen aufwändig zu verarbeiten, da im Verlauf von chemischen Prozessen meist die Lösemittel ausgetauscht werden müssen.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.empa.ch/plugin/template/empa/3/113257/---/l=1

Quelle: Empa - Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (10/2011)

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