Molekulare Lichtschalter, die Energie umwandeln und gleichzeitig Energiespeicher sind, könnten die solare Energiegewinnung auf neue Füße stellen. Ein Forschungsteam hat nun einen theoretischen Ansatz entwickelt, nach dem sie aus einem Datensatz von mehr als 400.000 chemischen Molekülen die optimale Molekülstruktur für eine effiziente Speicherung von Solarenergie herausfinden können. Die Studie ist in der Zeitschrift Angewandte Chemie erschienen.
Mit Sonnenenergie wird derzeit entweder direkt Strom erzeugt, oder wir nutzen die Energie von Wärmereservoirs. Ein dritter Weg könnte jedoch sein, die Energie der Sonne zunächst in lichtempfindlichen Materialien zu speichern und bei Bedarf freizusetzen. So werden im von der EU geförderten Projekts MOST („Molecular Solar Thermal Energy Storage“) Moleküle erforscht, die als molekularer Lichtschalter Sonnenlicht einfangen und als Energie für eine spätere Wärmenutzung lange speichern können. Damit könnte eine emissionsfreie Solarenergispeicherung bei Raumtemperatur Realität werden.
Welche Moleküle sich für als solche molekularen Lichtschalter besonders eignen, haben nun die Arbeitsgruppen von Kurt V. Mikkelsen von der Universität Kopenhagen und Kasper Moth-Poulsen von der Katalanischen Polytechnischen Universität in Barcelona genauer unter die Lupe genommen. Sie untersuchten sogenannte bizyklische Diene, die unter Lichteinfall in einen gespannten, energiereichen Zustand umschalten. Allerdings gibt von diesem System, dessen bekanntester Vertreter das Norbornadien-Quadricyclan ist, nicht gerade wenige Beispiele: „Der resultierende chemische Raum besteht aus ungefähr 466.000 bizyklischen Dienen, die wir auf eine mögliche Anwendbarkeit in der MOST-Technologie untersucht haben“, beschreiben die Forschenden ihren Ansatz.
Eine derartig große Datenbank zu durchkämmen, geschieht heutzutage meist durch maschinelles Lernen. Voraussetzung dafür sind allerdings genügend Trainingsdaten, die in diesem Fall noch nicht vorhanden waren. Mit einem eigens entwickelten Algorithmus und einer neuen Messzahl „Eta“ evaluierten die Forschenden die Moleküle der Datenbank und erhielten ein eindeutiges Ergebnis: Die sechs besten Moleküle besaßen eine gegenüber den ursprünglichen Norbornadien-Quadricyclanen eine an einem entscheidenden Punkt veränderte Struktur. Durch diese Strukturveränderung, eine Erweiterung der molekularen Brücke zwischen den beiden Kohlenstoffringen im Bizyklus, konnten die neuen Moleküle offenbar mehr Energie speichern als das ursprünglich betrachtete Norbornadien.
Mit ihrer Arbeit zeigten die Forschenden Möglichkeiten der Optimierung der Speichermoleküle für Solarenergie auf. Allerdings müssten die neuen Moleküle erst einmal synthetisiert und in der Praxis getestet werden. „Es gibt keine Garantie, dass sie in den entsprechenden Lösungsmitteln löslich sind und tatsächlich – oder überhaupt – in hoher Ausbeute unter Licht umschalten können, wie uns Eta annehmen lässt “, beschreiben die Autor*innen die möglichen Vorbehalte.
Gewonnen wurde allerdings ein neuer, großer Trainingssatz für maschinelle Lernalgorithmen. Mit diesem rößerer Datensatz von bizyklischen Diene für stünden geeignete Kandidaten für maßgeschneiderte Anwendungen von molekularen Lichtschaltern zur Verfügung, blicken die Autor*innen in die Zukunft.
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Quelle: Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. (09/2023)
Publikation:
https://doi.org/10.1002/ange.202309543