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Donnerstag, den 06. Oktober 2016 um 10:07 Uhr

Wie in der Sprache der Insekten neue Dialekte entstehen

 Forscher der Universität Regensburg finden Enzyme, die chemische Botenstoffe zu einem neuen Signal umbauen.

Die meisten Insekten vertrauen bei der Partnersuche blind auf ihren Geruchssinn. Deshalb müssen Sexualpheromone, chemische Botenstoffe, die hierbei verwendet werden, verlässlich zu einem Partner der richtigen Art führen. Die Entstehung neuer Arten geht daher üblicherweise auch mit einer Veränderung von Sexualpheromonen einher. Über die biochemischen Mechanismen, die diesen Veränderungen zugrunde liegen, war bislang nur wenig bekannt. Regensburger Forscher haben jetzt gemeinsam mit Kollegen aus Schweden und den USA Enzyme entdeckt, die für die Entstehung eines neuen „Pheromon-Dialektes“ bei der parasitischen Wespe Nasonia vitripennis verantwortlich sind. Hierbei wird eine auch bei anderen Nasonia-Arten vorkommende Komponente des Sexualpheromons enzymatisch so umgebaut, dass sich lediglich deren räumliche Struktur verändert.

Insekten leben in einer chemischen Welt. Sie nutzen chemische Botenstoffe für lebenswichtige Prozesse wie die Suche nach Nahrung und Sexualpartnern oder die Vermeidung von Feinden. Bei der Partnerfindung verlassen sie sich meist auf so genannte Sexualpheromone, die von einem Geschlecht produziert werden, um das andere anzulocken. Hierbei ist entscheidend, dass die chemische Information verlässlich zum richtigen Partner führt. Daher verändern sich Sexualpheromone oftmals in ihrer Zusammensetzung, wenn im Laufe der Evolution neue Arten entstehen. Die Frage, wie dies geschieht, beschäftigt Forscher seit langem.
Die Regensburger Forscher um Prof. Dr. Joachim Ruther vom Institut für Zoologie der Universität Regensburg haben sich mit dem Sexualpheromon der parasitischen Wespe Nasonia vitripennis beschäftigt. Bei dieser Art produzieren Männchen ein Pheromon in ihrem Hinterleib, um Weibchen in ihre Nähe zu locken. Der Duftstoffcocktail der Männchen von N. vitripennis enthält eine Komponente, die in den anderen Nasonia-Arten fehlt. Die neue Komponente unterscheidet sich hierbei lediglich in der räumlichen Struktur von einem anderen Stoff, den die Männchen aller Nasonia-Arten produzieren. Die Forscher gingen daher davon aus, dass N. vitripennis Enzyme besitzen muss, die den ursprünglich vorhandenen Stoff in die neue Komponente umwandeln können. Eine frühere Studie deutete auf „heiße Kandidaten“ hin, die eine solche Umwandlung katalysieren könnten, so genannte kurzkettige Dehydrogenasen/Reduktasen (SDRs). Der genetische Code dieser Enzyme befindet sich auch in dem Genom von Nasonia-Wespen. Die Regensburger Forscher transformierten Bakterien mit den Wespengenen, so dass die Mikroorganismen die SDRs der Wespen in großen Mengen produzierten. Nach Aufreinigung der Enzyme testeten die Wissenschaftler deren Aktivität im Reagenzglas und stellten fest, dass sie tatsächlich in der Lage waren, die neue Pheromonkomponente aus der ursprünglichen zu synthetisieren. Hierbei wird eine Alkoholgruppe zunächst oxidiert und dann gleich wieder reduziert, wobei sich lediglich die räumliche Struktur des Ausgangsstoffs verändert. Hierbei waren die Enzyme von N. vitripennis deutlich aktiver als die einer anderen Art, welche die neue Pheromonkomponente nicht produziert. Schließlich analysierten die Regensburger Forscher die Enzyme in der Pheromondrüse von N. vitripennis-Männchen und verglichen sie mit der anderen Nasonia-Art. Hierbei zeigte sich, dass Männchen von N. vitripennis deutlich höhere Mengen der SDRs in der Pheromondrüse hatten als die Art, die die neue Komponente nicht besitzt. „Wir schlussfolgern aus den Ergebnissen, dass größere Mengen von aktiveren SDR-Enzymen in der Pheromondrüse zu der neuen Pheromonkomponente bei Nasonia vitripennis geführt haben“, sagt Joachim Ruther.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.uni-regensburg.de/pressearchiv/pressemitteilung/683353.html

Quelle: Universität Regensburg (10/2016)


Publikation:
Epimerisation of chiral hydroxylactones by short-chain dehydrogenases/reductases accounts for sex pheromone evolution in Nasonia, „Scientific Reports“  (DOI: 10.1038/srep34697).

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