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Donnerstag, den 07. Juli 2016 um 10:29 Uhr

Neue Erkenntnisse zu Vitamin E (alpha-Tocopherol) und Zellalterung

Wie ein Wissenschaftlerteam unter Führung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) nun an menschlichen Bindegewebszellen zeigt, enthalten alte Zellen mehr Vitamin E als junge. Zudem beobachteten die Forscher, dass ein höheres Zellalter mit einer verringerten Produktion des Membranproteins Niemann Pick C1 (NPC1)* einhergeht, dessen Mangel zu neurodegenerativen Störungen führt. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass eine erhöhte Vitamin-E-Zufuhr über das Nährmedium der Zellen die NPC1-Produktion besonders der alten, aber auch der jungen Zellen vermindert.

„Unsere Ergebnisse bestätigen Beobachtungen anderer Studien und tragen dazu bei, die molekularen Mechanismen besser zu verstehen, die zu altersbedingten zellulären Veränderungen führen. Zudem liefern sie neue Ansatzpunkte für weiterführende Studien, die den Zusammenhang zwischen Ernährung, Alterungsprozessen und altersassoziierten Erkrankungen untersuchen“, sagt Jeannette König vom DIfE.

Das Forscherteam um Jeannette König, Annika Höhn und Tilman Grune vom DIfE publizierte seine mit öffentlichen Mitteln und Geldern der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierte Studie kürzlich in der Fachzeitschrift Biofactors (König et al., 2016, doi: 10.1002/biof.1274).

Vitamin E** fungiert in Zellen als Radikalfänger und ist zum überwiegenden Teil in Zellmembranen eingebaut. Das Vitamin kann dazu beitragen, reaktive Sauerstoffradikale zu neutralisieren, die im Rahmen von Stoffwechselprozessen entstehen und zelleigene Makromoleküle wie Proteine schädigen können. Wie verschiedene Studien zeigen, nimmt mit zunehmendem Alter der Vitamin-E-Gehalt im Blutplasma und in bestimmten Organen wie der Leber, dem Gehirn oder dem Herzen zu. Gleichzeitig weisen andere Untersuchungen darauf hin, dass sich mit zunehmendem Alter aber auch geschädigte Makromoleküle, ähnlich wie unbeseitigter Müll, in den Zellen anhäufen und die Zellen beeinträchtigen. Welcher Zusammenhang zwischen beiden Beobachtungen besteht, ist nicht geklärt. Denn obwohl zwei amerikanische Forscher das Vitamin bereits vor fast 100 Jahren entdeckt haben, weiß man bis heute erstaunlich wenig über die Funktion und Verteilung des Vitamins im Körper. Auch wissenschaftliche Studien, welche die gesundheitsförderlichen Effekte von Vitamin-E-Gaben am Menschen untersuchten, brachten nur wenig neue Erkenntnisse, da ihre Ergebnisse zum Teil widersprüchlich sind.

Um mehr über die molekularen Zusammenhänge zwischen Vitamin E und zellulären Alterungsprozessen zu erfahren, untersuchten die Wissenschaftler in der aktuellen Studie den Vitamin-E-Gehalt von menschlichen Bindegewebszellen (Fibroblasten), die entweder einem einjährigen Kind entstammten oder einer 81 Jahre alten Person. Wie die Forscher feststellten, enthielten die Bindegewebszellen der alten Person etwa sieben Mal mehr Vitamin E als die des Kindes.

Fügten die Wissenschaftler in einem weiteren Experiment dem Nährmedium der Bindegewebszellen Vitamin E in unterschiedlichen Konzentrationen hinzu, so stieg in Abhängigkeit von der Vitamin-Konzentration des Mediums sowohl bei den jungen als auch bei den alten Zellen der Vitamin-E-Gehalt an. Allerdings bauten die älteren Zellen weniger Vitamin E in die Membranen ihrer Lysosomen ein. Lysosomen sind Zellorganellen**, deren Membran normalerweise relativ viel Vitamin E enthält und deren Hauptaufgabe es ist, anfallendes verbrauchtes Zellmaterial abzubauen. Hierzu gehören auch geschädigte Makromoleküle. „Man kann Lysosomen auch als Abfallrecycler bezeichnen, die dafür sorgen, dass sich kein zellschädigender, molekularer Abfall in der Zelle anhäuft. Aufgrund ihrer Funktion sind ihre Membranen sehr stark reaktiven Sauerstoffradikalen ausgesetzt, was deren hohen Vitamin-E-Gehalt erklären könnte“, erläutert Nachwuchswissenschaftlerin König. „Eine verminderte Vitamin-E-Aufnahme in die Membran könnte auf altersbedingte Funktionsstörungen und eine größere Anfälligkeit für oxidative Schäden des Zellorganells und damit der alten Zellen hinweisen“, so König weiter.

Wie die Forscher darüber hinaus beobachteten, wiesen die alten Bindegewebszellen deutlich niedrigere NPC1-Mengen auf als die jungen. Fügten sie dem Nährmedium zusätzlich Vitamin E hinzu, nahm die NPC1-Menge sowohl in den alten, aber auch den jungen Zellen ab. Diesen Effekt konnten die Wissenschaftler insbesondere bei den gealterten Zellen durch höhere Gaben von Vitamin E ins Nährmedium verstärken.

„Unsere Ergebnisse lassen annehmen, dass das Alter, aber auch eine erhöhte Vitamin-E-Zufuhr die Proteinmenge von NPC1 negativ beeinflussen“, sagt Studienleiterin Annika Höhn. „Die von uns beobachteten Zusammenhänge zwischen Alter, zellulärem Vitamin-E- und NPC1-Gehalt sind sehr interessant, da NPC1 auch hinsichtlich neurologischer Veränderungen eine Rolle zu spielen scheint und von der Vitamin-E-Zufuhr beeinflusst wird. Bedenkt man, dass aufgrund des demografischen Wandels zukünftig die Zahl der Menschen zunehmen wird, die von neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson betroffen sind, erscheint es sehr sinnvoll, diese Zusammenhänge weiter zu erforschen“, ergänzt Tilman Grune, wissenschaftlicher Vorstand des DIfE. Weitere Studien seien dringend notwendig, um zu entscheiden, ob und wie sich altersbedingte, neurodegenerative Erkrankungen durch Vitamin-E-Gaben ungünstig oder günstig beeinflussen lassen, so Grune weiter.


Den Artikel finden Sie unter:

http://www.dife.de/presse/pressemitteilungen/?id=1369

Quelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (07/2016)

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