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Freitag, den 19. März 2010 um 03:24 Uhr

Neu entdeckte Genvariante beeinflusst Schlafdauer

Ob jemand als chronobiologische Lerche früh zu Bett geht und auch früh wieder aufsteht oder als Eule erst spät müde wird und dafür lange in den Federn bleibt, hängt vor allem von genetischen Faktoren ab. Einige Gene, die diese innere Uhr beeinflussen, sind bereits bekannt. Zwillingsstudien haben gezeigt, dass aber auch die Schlafdauer eine genetische Komponenten besitzt – sogar bis zu 40 Prozent ihrer Variabilität lassen sich auf angeborene Anlagen zurückführen. Die LMU-Chronobiologen Professor Till Roenneberg und Dr. Karla V. Allebrandt haben nun in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie, des Helmholtz Zentrums München sowie Kollegen aus Italien und Estland erstmals untersucht, welche Gene die Schlafdauer beeinflussen. Diese Studie wurde im Rahmen des europaweiten Forschungsnetzwerkes EUCLOCK durchgeführt und analysierte den Einfluss von 19 Kandidatengenen auf die Schlafdauer von zwei Populationen. Dabei zeigte sich, dass Variationen in einem der bekannten Uhren-Gene (CLOCK) einen signifikanten Einfluss auf die Schlafdauer haben. „Dies unterstreicht einmal mehr, dass Schlaf ein fundamentales biologisches Bedürfnis ist“, sagt Roenneberg. „Manche Menschen brauchen einfach mehr Schlaf und sind deshalb nicht etwa faul oder willensschwach.“ (Biological Psychiatry online, Februar 2010)

Drei Komponenten charakterisieren den Schlaf des Menschen: die Schlafqualität, der Schlafzeitpunkt und die Schlafdauer. Die Schlafqualität hängt stark von äußeren Faktoren wie etwa Stress und Lärm ab. Bei der Schlafdauer und dem Schlafzeitpunkt aber spielen die Gene die entscheidende Rolle. Die innere Uhr steuert im 24-Stunden-Rhythmus eine ganze Reihe wichtiger biologischer Prozesse im Körper. Dazu gehört auch der Schlafzeitpunkt, der auch den Chronotyp – ob Lerche oder Eule – festlegt. Bisher sind mindestens 15 Gene bekannt, die eine wichtige Rolle bei diesem circadianen Rhythmus spielen. Über die Gene, die Schlafdauer beeinflussen, wusste man aber bislang wenig.

Die Forscher haben deshalb im Rahmen von EUCLOCK zwei unabhängige Populationen untersucht. Eine davon bestand aus Kurzschläfern, die im Wochendurchschnitt weniger als 7 Stunden schlafen, und Langschläfern mit mehr als 8,5 Stunden Schlaf. Die andere Gruppe beinhaltete Teilnehmer mit unterschiedlicher Schlafdauer. Insgesamt nahmen rund 1.200 Probanden teil. Bei ihnen konnten die Forscher dann bei 19 Kandidatengenen 194 Variationen analysieren, die sogenannten „Single Nucleotide Polymorphisms“ oder SNPs. Dabei handelt es sich um kleine, individuelle genetische Variationen an jeweils einer Stelle des Erbmoleküls DNA, die häufig in der Bevölkerung auftreten so dass man statistisch den Genotyp (die SNPs) mit dem Phänotyp (der Schlafdauer) vergleichen und ausgewertet werden kann. „Wir konnten das erste Mal einen Zusammenhang nachweisen zwischen häufigen Varianten in einem Uhrengen und Unterschieden in der Schlafdauer in der Bevölkerung“, sagt Allebrandt.

Mit einem SNP im bekannten Uhren-Gen CLOCK konnte dabei zum ersten Mal in einer Bevölkerungsstudie ein Genort bestimmt werden, der die Schlafdauer signifikant beeinflusst. „Wir kannten CLOCK bisher als ein Gen, das an unserer inneren Uhr beteiligt ist, also dem Mechanismus der uns zu Lerchen und Eulen macht“, berichtet Roenneberg, der das Zentrum für Chronobiologie an der LMU München leitet. „Unser Ergebnis zeigt nun, dass es auch die Schlafdauer beeinflusst. Wie man aus großen Studien weiß, bedeutet das aber nicht, dass ein bestimmter Chronotyp auch für eine bestimmte Schlafdauer steht.“ Die Forscher suchen jetzt nach weiteren Genen mit Einfluss auf die Schlafdauer, um mehr über die physiologischen Mechanismen des Schlafes zu erfahren – und um das Phänomen Schlaf besser zu verstehen.

Schlaf ist ein biologisches Bedürfnis, das befriedigt werden muss, um gesund und leistungsfähig zu bleiben. Chronischer Schlafmangel kann sogar schwerwiegende Leiden wie Diabetes, das metabolische Syndrom und Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen. Es wird immer deutlicher, dass dieses biologische Grundbedürfnis von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Im Alltag führt daher Schlafdefizit bei Langschläfern, die im Schnitt mehr als neun Stunden pro Nacht benötigen, sehr viel schneller zu einem Leistungsabfall als bei Kurzschläfern, die mit weniger als sechs Stunden Schlaf auskommen. „Langschläfer sind also keineswegs automatisch faul oder willensschwach“, betont Roenneberg.

Den Artikel  finden Sie unter:

http://www.uni-muenchen.de/einrichtungen/zuv/uebersicht/komm_presse/verteiler/presseinformationen/2010/f-121-10.html

Quelle:  Ludwig-Maximilians-Universität München  (03/2010)

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