Volltextsuche

Freitag, den 25. September 2009 um 11:19 Uhr

Chemische Stoffe in der Umwelt - Verhalten und Wirkungen

Die 1990 gegründete Fachgruppe Umweltchemie und Ökotoxikologie der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) befasst sich seither mit Stoffverhalten und -wirkungen in Umweltkompartimenten und macht dies auch zum Thema ihrer Tagung von 23. bis 25. September 2009 in Trier.

Anthropogen in die Umwelt abgegebene Stoffe verteilen sich zwischen den Umweltkompartimenten Wasser, Boden, Luft und Organismen, wobei sie sich entweder dort anreichern oder abgebaut werden. Die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Erforschung des Schadstoffverhaltens und der Schadstoffwirkung in der Umwelt, zu denen die Fachgruppe Umweltchemie und Ökotoxikologie wichtige Beiträge geliefert hat, haben die Grundlage für politische und gesetzgeberische Maßnahmen bereitet, denen ein teilweiser Rückgang der Umweltkontaminationen in den Industrieländern zu verdanken ist. Der Umwelteintrag neu entwickelter Chemikalien, die z. T. unerwartete Umwelteigenschaften entfalten und die außerordentliche Komplexität des Stoffverhaltens in den Umweltmedien sorgen dennoch für langfristigen Forschungs- und Handlungsbedarf auch in diesen Ländern. Zu besonderen Brennpunkten haben sich in den letzten Jahren viele Schwellenländer entwickelt, wo rasantes Wirtschaftswachstum auf Belange des Umwelt- und Gesundheitsschutzes wenig Rücksicht genommen hat. Deren Schadstoffemission tragen dazu bei, dass nicht nur länderspezifisch, sondern teilweise auch global die Umweltkonzentrationen verschiedener Belastungsstoffe zunehmen.


Auf der Fachgruppenjahrestagung soll diese Entwicklung besonders thematisiert werden. Mit Professor Zhipeng Bai von der Nankai Universität, Tianjin, China, konnte ein Plenarredner gewonnen werden, der maßgeblich an der Analyse der Umweltbelastungen in seinem Land beteiligt ist. Er wird anhand ausgewählter Chemikalien die besonderen Belastungssituationen in Schwellenländern darstellen und Vorstellungen erläutern, wie die Belastungen verringert werden können. Er wird sich dabei auch auf eine groß angelegte chinesische Fallstudie über gesundheitliche und ökotoxikologische Risiken der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung im Ballungsraum Tianjin beziehen. Zu den Problemstoffen zählen Ozon, leicht flüchtige organische Verbindungen, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Schwermetalle, anorganische Stickstoffverbindungen, Pestizide (darunter DDT), und neuartige Problemstoffe wie polybromierte und polyfluorierte organische Verbindungen. Die Ergebnisse der Untersuchungen dienen als Basis für eine Risikobewertung, die auch auf andere Metropolen in anderen Schwellenländern wie Brasilien oder Indien übertragbar sein soll.

Im Rahmen des DFG-Projekts HaChi (Haze in China) wurden in diesem Jahr in Beijing zwei Messkampagnen mit dem Ziel durchgeführt, die Zusammenhänge zwischen der chemischen Zusammensetzung von atmosphärischen Aerosolpartikeln und der Wolkenbildung zu ergründen. Denn es sind nicht nur die physikalischen Eigenschaften der Partikel, die die Wolkenbildung und den Strahlungshaushalt der Erde beeinflussen. Hygroskopische und oberflächenaktive Substanzen in Aerosolpartikeln können zu größerer Hygroskopizität bzw. Erniedrigung der Oberflächenspannung führen und somit Wolkentropfen schneller aktivieren. Erste Ergebnisse der chemischen Analyse der Partikelproben werden auf der Trierer Umwelttagung von Bettina Nekat vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung, Leipzig, präsentiert. Untersucht wurden Kohlenstofffraktionen, Alkane, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Hopanoide (membranverstärkende Moleküle), anorganische Ionen, niedermolekulare Dicarbonsäuren, Zucker und Zuckeralkohole.

Um Umweltbelastungen systematisch zu erfassen, bedarf es eines gezielten Monitorings unter Verwendung maßgeschneiderter Messnetze. Im Rahmen seines Plenarvortrags "Umweltmonitoring von neuartigen Problemstoffen am Beispiel der Polyfluorierten Organischen Verbindungen (PFCs)" wird Professor Dr. Ralf Ebinghaus vom GKSS-Forschungszentrum, Geesthacht, neue Monitoringmethoden vorstellen, die primär der Ermittlung von Meeres- und atmosphärischen Belastungen dienen.
In der Bundesrepublik Deutschland besteht mit der Umweltprobenbank, in der Umwelt- und Humanproben über Jahrzehnte hinweg konserviert werden, ein besonders leistungsfähiges Instrument der Umweltbeobachtung, das vom Umweltbundesamt koordiniert wird. Die Jahrestagung nimmt den Umstand, dass ein Teilbereich der Umweltprobenbank der Universität Trier angegliedert ist, zum Anlass, um aktuelle Fragen der Qualitätssicherung, der Informationsauswertung und der Ableitung von Referenzwerten zu behandeln. Dabei wird Dr. Jan Koschorrek vom Umweltbundesamt Berlin Entwicklungsperspektiven der Umweltprobenbank skizzieren.

Dem Tagungsmotto entsprechend nehmen Vorträge zum Vorkommen und Verhalten von Schadstoffen in den Umweltkompartimenten breiten Raum ein. In der Summe verdeutlichen diese Beiträge, wie umfangreich die Schadstoffpalette ist. Das Spektrum reicht von "Klassikern" wie DDT und derzeit verwendeten Pflanzenschutzmitteln, z.B. Phosphorsäureester-Pestizide, über Arzneistoffe einschließlich Antibiotika bis hin zu Nanopartikeln. Biologische Wirkungen in Organismen in terrestrischen und aquatischen Ökosystemen setzen Bioverfügbarkeit der Stoffe voraus. Unter Risikobewertung wird die Zusammenführung von Umweltexposition, biologischen Wirkungen und Schutzzielen verstanden. Die einzelnen Untersuchungen sind lokal, regional oder auch global. Die angewandten Methodiken sind Experimente im Labor oder Feld und numerische Simulationen (d.h. Modellentwicklung und -anwendung).

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu Umwelt- und Gesundheitsrisiken, ambitioniertere Umweltqualitätsziele und Bemühungen um eine internationale Harmonisierung der Umweltgesetzgebung erfordern eine Weiterentwicklung des Umweltrechts. Ein neues europäisches Chemikalienrecht ist seit zwei Jahren in Kraft. Vor diesem Hintergrund wird Dr. Harald Ginzky vom Umweltbundesamt in einem weiteren Plenarvortrag auf "stoffbezogene Regelungen im Umweltrecht - Lücken und Überschneidungen" eingehen.

Dass sich Juristen und Naturwissenschaftler nicht der gleichen Sprache bedienen und daher Verständigungsproblemen ausgesetzt sind, ist hinreichend bekannt. Ein Beispiel gelungener Kommunikation, das hoffentlich Nachahmer finden wird, stellt Professor Dr. Reinhard Hendler, Jurist an der Universität Trier mit umweltrechtlichem Schwerpunkt, in den Mittelpunkt seines Abendvortrags, der mit "rechts- und naturwissenschaftliche Kooperation im Umweltrecht am Beispiel des Chemikalien- und Naturschutzrechts" betitelt ist.

Die Tagung schließt mit der Vergabe des Preises der Fachgruppe für eine herausragende wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Umweltchemie und Ökotoxikologie an einen Nachwuchswissenschaftler und der Prämierung der besten ausgestellten Poster.

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker gehört mit über 28.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 26 Fachgruppen und Sektionen, darunter die Fachgruppe Umweltchemie und Ökotoxikologie mit über 800 Mitgliedern. Anliegen dieser Fachgruppe ist u.a., alle an Umweltchemie und Ökotoxikologie interessierten Wissenschaftler und Praktiker zusammenzuführen und somit das gesamte Wissensgebiet voranzubringen. Die Fachgruppe will helfen, Kenntnislücken auszufüllen über Eintrag, Verteilung, Umwandlung und Verbleib von chemischen Stoffen in der Umwelt und über die Einwirkungen von Stoffen auf Lebewesen und Lebensräume.

Den ganzen Artikel finden Sie unter:

http://idw-online.de/pages/de/news335420

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft / GDCh  (9/2009)

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.