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Mittwoch, den 07. August 2019 um 13:09 Uhr

Aktives Schwimmen von Gold-Nanopartikeln

Bakterien können sich aktiv in Richtung einer Nahrungsquelle bewegen; dieses Verhalten wird Chemotaxis genannt wird. Außerdem können sie sich zu Kollektiven vereinigen und sich koordiniert als Schwarm bewegen. Chinesische Wissenschaftler haben kollektives chemotaktisches Verhalten an künstlichen Nanoschwimmern nachgeahmt. Ihr Modell aus biochemisch veränderten Gold-Nanokugeln könnte helfen, die bakterielle Chemotaxis und das Schwarmverhalten besser zu verstehen, schreiben sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie.

Wie Schwärme entstehen und wie deren aktive, kollektive Bewegung für die künstliche Intelligenz umgesetzt werden kann, ist derzeit Gegenstand intensiver Forschung. Dicht gedrängt erleben schwimmende Bakterien die umgebende Flüssigkeit anders als wenn sie alleine unterwegs sind. Aber ob und wie stark die veränderte Wechselwirkung mit der Umgebung die Geschwindigkeit beeinflusst und welche Effekte noch wirken, ist unklar. Der Kolloidchemiker Qiang He am Harbin Institute of Technology in China und seine Kollegen haben nun ein einfaches Modell für bakterienähnliche Nanoschwimmer hergestellt. Die künstlichen Schwimmer zeigten nicht nur chemotaktisches Verhalten, sondern zogen sich auch zu einem koordiniert agierenden Schwarm zusammen.

He und seine Kollegen bauten die Nanoschwimmer aus winzigen Goldkügelchen. Mit dem Mikroskop waren die Kügelchen allerdings nicht zu beobachten: Sie waren 40 mal kleiner als Bakterien. Dank des sogenannten Tyndall-Effekts, der Streuung von Licht in kolloidalen Lösungen, konnten die Wissenschaftler jedoch Veränderungen in der Lö sogar mit bloßem Auge sehen. Andere Analysetechniken lösten auch Geschwindigkeit, Ausrichtung und Konzentration der einzelnen Schwimmer genau auf.

Nanokugeln aus Gold sind in der wissenschaftlichen Forschung sehr beliebt. Sie bilden stabile, disperse Lösungen, sind im Elektronenmikroskop gut sichtbar, und sie lassen sich leicht an andere Moleküle anketten. He und sein Team bestückten zunächst die Oberfläche von deutlich größeren Kugeln aus Siliziumdioxid mit den Gold-Nanokugeln. Dann befestigten sie auf der freiliegenden Seite der Gold-Nanokugeln feine Bürsten aus einem Polymer. Durch die bis zu 80 Nanometer langen Kohlenwasserstoffketten verloren die Goldkugeln ihre Symmetrie: Man stelle sich vor, dass an einer Seite einer Kugel dicke, lange Haare oder eben diese Polymerbürsten kleben.

Die Wissenschaftler lösten dann die große Siliziumdioxidkugel auf und befestigten auf der nun freiliegenden Seite der Gold-Nanokugeln ein Enzym. Dadurch waren die Gold-Nanokugeln auf der einen Seite mit den langen, dicken Polymerbürsten und auf der anderen mit dem Enzym belegt. Dieses Enzym mit dem Namen Glucoseoxidase setzt Traubenzucker (Glukose) zu einer Verbindung namens Gluconsäure um, was die Schwimmer mit Glukose als Kraftstoff antreiben sollte: Je mehr Glukose vorhanden war, desto schneller werden die Schwimmer.

Die Forscher wollten herausfinden, ob sich die Nanoschwimmer aktiv in eine bestimmte Richtung bewegen würden. Hierfür platzierten sie die modifizierten Goldkugeln an das Ende eines kleinen Kanals. Am anderen Ende deponierten sie ein Gel, das kontinuierlich Glukose abgab. Die Modellschwimmer wanderten aktiv zur Glukosequelle, beobachteten die Autoren. Das selbst war keine Überraschung. Künstliche, enzymatisch angetriebene Schwimmer sind aus Experiment und Theorie bekannt. Aber die Enzym-motorisierten Schwimmer mit Polymerbürstenbelegung zogen sich sogar zu einer eigenen Phase zusammen und bewegten sich koordiniert im Kollektiv. Das kann für künstliche Systeme nicht erwartet werden.

Die Nanoschwimmer können leicht hergestellt werden und sind gut zu beobachten. Nach Vorstellung der Autoren könnten sie sich als Modell eignen, um chemotaktisches kollektives Verhalten von lebenden und künstlichen Systemen auf der Nanoskala zu studieren.


Den Artikel finden Sie unter:

https://onlinelibrary.wiley.com/page/journal/15213757/homepage/press/201921press.html

Quelle: Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V. (07/2019)


Publikation:
https://doi.org/10.1002/ange.201907733

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