Montag, den 14. April 2025 um 04:54 Uhr

Mit Röntgenfluoreszenz ins Eozän

Ein internationales Forschungsteam, mit Beteiligung der TU Darmstadt und des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseums Frankfurt, hat einen bedeutenden Fortschritt in der Untersuchung von Fossilien der Grube Messel erzielt. Durch die Anwendung der Röntgenfluoreszenz (XRF) konnten sie die chemische Zusammensetzung der einzigartigen Exponate analysieren, ohne diese zu beschädigen. Die Anschaffung des mobilen XRF-Geräts wurde durch eine erfolgreiche Kooperation zwischen dem Städel Museum in Frankfurt, der Goethe-Universität Frankfurt, der Technischen Universität Darmstadt und Senckenberg ermöglicht. Diese Zusammenarbeit unterstreicht die Bedeutung interdisziplinärer Forschung für die Untersuchung von Naturerbe.

Die Grube Messel, ein UNESCO-Weltnaturerbe, ist weltweit bekannt für ihre außergewöhnlich gut erhaltenen Fossilien. Die Konservierung von Haut, Fell, Federn und sogar inneren Organen der 47 Millionen Jahre alten Lebewesen in den Ölschiefern der Fossillagerstätte ist von herausragender Qualität. Die Anwendung der Röntgenfluoreszenz ermöglicht nun eine detaillierte, zerstörungsfreie Analyse dieser wertvollen Fossilien. "Doch gerade bei großen Fossilien, die oft in Kunstharz oder Flüssigkeiten wie Wasser oder Glycerin gelagert werden, war eine chemische Analyse bisher schwierig", erklärt Dr. Thomas Lehmann vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt.

Unter der Leitung von Marco Colombo von der TU Darmstadt, betreut von Prof. Wolfgang Ensinger, und in Zusammenarbeit mit Dr. Valentina Rossi vom University College Cork, hat Thomas Lehmann erstmals ein leistungsstarkes Röntgenfluoreszenzspektrometer für die Untersuchung von Messel-Fossilien eingesetzt. "Die Technologie wird normalerweise zur Analyse historischer Gemälde eingesetzt, etwa um Vorzeichnungen oder künstlerische Techniken sichtbar zu machen", erklärt Colombo und fährt fort: "Sowohl bei der Untersuchung solcher Kunstobjekte als auch bei Fossilien stehen wir vor der Herausforderung, dass diese meist einzigartig und gleichzeitig sehr fragil sind. Wir bemühen uns daher, ausgeklügelte zerstörungsfreie Methoden zu nutzen und/oder zu entwickeln, um solche Objekte zu erforschen."

Die chemische Analyse fossiler Weichteile kann wertvolle Erkenntnisse über die Biologie und Ökologie ausgestorbener Arten liefern. "Mit modernen Technologien können wir Aspekte der Evolution und der Lebensweise urzeitlicher Tiere rekonstruieren, die uns zuvor verborgen blieben", ergänzt Seniorautorin der Studie Rossi und fährt fort: "Der Einsatz modernster Technologien in der Fossilienanalyse kann bisher unzugängliche Informationen enthüllen und stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Paläontologie dar. Dieser Ansatz ist entscheidend, um unser Verständnis des Lebens und der Ökosysteme der Vergangenheit zu erweitern."

Die Forschenden entdeckten bei der Untersuchung der fossilen Amphibien, Reptilien, Säugetiere und Vögel auffällige chemische Signale, die mit Fell, Federn und inneren Organen in fast allen analysierten Fossilien in Verbindung stehen. Dies zeigt auch, dass alle bisher für die Messel-Fossilien verwendeten Konservierungsmethoden deren chemische Zusammensetzung erhalten. "Haare und Federn enthalten Schwefel und Titan, während im Bauchgewebe Kupfer und Zink nachweisbar sind. Der Mageninhalt, zum Beispiel Samen, weist Spuren von Nickel, Kupfer und Zink auf. In unserer Studie beschreiben wir genau, wie diese chemischen Signale erfasst und ausgewertet werden können", so Lehmann und weiter: "Wir konnten zudem bestätigen, dass die bisherigen Konservierungsmethoden – sowohl das Übertragen aus dem Sediment auf eine Harzplatte als auch die Aufbewahrung in Wasser oder Glycerin – die chemische Zusammensetzung der Fossilien glücklicherweise nicht verändert."

"Dank der rasanten technologischen Fortschritte können Paläontolog*innen und Materialwissenschaftler*innen heute enger denn je zusammenarbeiten", schließt Rossi. "Indem wir modernste Analysetechniken mit unserem Wissen über Fossilien kombinieren, erweitern wir unser wissenschaftliches Werkzeugset kontinuierlich. So gewinnen wir nicht nur neue Einblicke in die Vergangenheit, sondern bewahren auch unser uraltes Erbe für zukünftige Generationen."


Den ganzen Artikel finden Sie unter:

https://www.senckenberg.de/de/pressemeldungen/grube-messel-mit-roentgenblick-ins-eozaen/

Quelle: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (04/2025)


Publikation:
Colombo, Marco, Lehmann, Thomas, Ensinger, Wolfgang and Rossi, Valentina (2025): Application of mobile-macroscale scanning X-ray fluorescence (mobile-MA-XRF) imaging in paleontology: analyses of vertebrate fossil specimens from Messel conserved in different solid and liquid media. J. Anal. At. Spectrom. https://pubs.rsc.org/en/content/articlelanding/2025/ja/d4ja00310a
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